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Schatz, wie seh’ ich aus?

Trostreiches aus der Attraktivitätsforschung

Ein weites Feld. Spätestens beim morgendlichen Blick in den Spiegel ist es präsent. Was hab ich heute Nacht nur geträumt? Jedes meiner spärlichen Haare erzählt eine wüste Geschichte, die Falten mäandern von der Stirn abwärts, auch die Tränensäcke gehorchen den Gesetzen der Schwerkraft. Da liegt mal wieder eine halbe Stunde Arbeit vor mir.

Wem es morgens ähnlich geht, für den habe ich in der Folge ein paar tröstliche Ergebnisse aus der Forschung der letzten vierzig Jahre zusammengetragen. Nicht, dass es dadurch einfacher wird mit der individuellen Attraktivität. Aber vielleicht fühlen Sie sich nach der Lektüre nicht ganz so ausgeliefert.

 

Es spricht der Wissenschaftler

Beginnen wir mit einem Experiment, das der britische Sozialwissenschaftler A. H. Iliffe 1960 zusammen mit der Redaktion einer großen englischen Tageszeitung durchführte. Die Leser sollten zwölf Frauen in puncto Attraktivität beurteilen. Überraschendes Ergebnis: Unabhängig von Geschlecht, Alter und sozialer Herkunft ergaben die knapp 4500 Zuschriften ein klares Ergebnis. Von allen Teilnehmern wurden dieselben Frauen als attraktiv oder unattraktiv bewertet. Viele weitere Studien bestätigten dieses erste Ergebnis. Es scheint also einen feststehenden Konsens zu geben, wie attraktive Menschen aussehen.

Nun ging man den Faktoren auf den Grund. Was ist eigentlich attraktiv, was macht manches Gesicht schöner als andere?

Die Frage interessierte bereits die Philosophen und Wissenschaftler des antiken Roms. Leider werden die Proportionen, die der Römer Vetruv um 30 v. Chr. aufstellte, bis heute von weniger begabten Schönheitschirurgen verfochten – zum Leidwesen zahlungskräftiger Kundinnen, die sich vor dem heimischen Spiegel mit den Ergebnissen abfinden müssen. Ein Gesicht lässt sich nämlich nicht einfach dritteln, und das rechte Maß einer Nase lässt sich auch nicht metrisch ermitteln.
Mit den Methoden der Statistik und moderner bildgebender Verfahren wie dem „Morphing“ kam man der Lösung schließlich näher.

Wir basteln uns eine Schönheit
Die Amerikanerin Judith Langlois zeigte um 1985 drei bis sechs Monate alten Säuglingen die Gesichter unterschiedlicher Studentinnen und verfolgte die Augenbewegungen der Kleinen mit einer Kamera. Die Auswertung ergab eine kleine Sensation: Sie blickten die Gesichter der attraktiveren Frauen deutlich länger an als die der weniger Hübschen. Noch jünger waren die Probanden, die Alan Slater 1988 vor den Bildschirm platzierte. Gerade mal 14 Stunden alt war die jüngste Teilnehmerin. Auch diese mehr oder weniger Neugeborenen wendeten zwei Mal mehr Zeit auf, um die „schöneren“ Gesichter zu betrachten, als die weniger „schönen“.
Nun müssen Sie aber keine Sorge haben, wenn Sie schwanger sein sollten, und sich nicht besonders attraktiv finden: die leibliche Mutter wurde naheliegenderweise am Längsten betrachtet.

Es scheint also einen universellen Konsens zu geben, der uns bereits in die Wiege gelegt wurde.
Und tatsächlich fand die Wissenschaft heraus, dass unser Schönheitssinn auf festen Prinzipien und verbindlichen Regeln beruht. Diese weichen zwar deutlich ab, wenn wir die Hemisphäre westlicher Prägung verlassen, aber das lassen wir der Einfachheit halber sein.

Frankenstein: Des Rätsels Lösung?
Ende der achtziger Jahre unternahm die bereits erwähnte Judith Langlois eine weiteren Anlauf der Sache auf die Spur zu kommen. Sie fotografierte 32 männliche und 32 weibliche Versuchsteilnehmer. Aus jeweils zweien wurde mittels Übereinanderprojizieren ein „Durchschnittsgesicht“ erzeugt, welches dann wieder verschmolzen wurde, bis schließlich nur noch eines übrig war. Auch hier ein erhellendes Ergebnis. Das zuletzt erschaffene Porträt wurde übereinstimmend als besonders attraktiv bewertet.
Findige Beobachter der Experimente kamen einem weiteren Phänomen auf die Spur. Beim Verschmelzen der Gesichter ging nach und nach die Textur der Haut verloren – sie wurde ständig feiner. Und diese war ein ausschlaggebender Grund für die positive Beurteilung des letzten Fotos – manch’ Wissenschaftler meint sogar, daß eine schöne Haut bereits 50% der Miete ist.

Wenn man das Morphing nur auf die vier schönsten Gesichter anwendet, entstehen sozusagen „Superbeauties“, also erheblich attraktivere Gesichter. Fügt man nun wie David Perrett noch hohe Wangenknochen, größere Augen und etwas höhere Augenbrauen hinzu, hat man so etwas wie ein Patentrezept für die erfolgreiche Morgentoilette:

Benutzen Sie eine gute Feuchtigkeitscreme, die nicht glänzt. Rasieren Sie sich ausgiebig (bei Bedarf), reißen Sie die abgeschwollenen Augen schön weit auf und zupfen Sie ruhig mal die Augenbrauen. Sollten Sie darüber hinaus ein starkes Kinn, eine große Nase, dicke Wangen oder gar einen lichten Haaransatz haben, trösten Sie sich:

Richtig schöne Menschen stehen nämlich im Verdacht absolute Schlüsselfunktionen in Unternehmen nicht vertrauenswürdig auszufüllen …